| 1.) Experimentelle und neuropsychologische
Basis der Testentwicklung :
Erkrankungen des ZNS wie zerebrale Durchblututngsstörungen,
Demenzen vom Alzheimertyp, alkoholismubedingte Störungen, Schädelhirntraumen,usw.
führen zu organisch bedingten kognitiven Leistungsdefiziten, wobei
der Störung der Gedächtnisfunktion eine zentrale Rolle zukommt
:
Sie gilt als besonders sensitiv für
die Früherkennung hirnorganisch bedingter kognitiver Leistungsbeeinträchtigungen
und sie stellt bei einigen Erkrankungen das zentrale Symptom dar. ( z.B.
Korsakowsyndrom)
Ad. Korsakow : Um 1880 publizierte
der russische Neurologe Korsakoff die erste detaillierte Beschreibung der
bei Alkoholikern häufig vorkommende Amnesie.
Um dieselbe Zeit publizierte auch
Wernike eine Arbeit zu diesem Krankeitsbild.
Nach neueren Auffassungen stellen
beide Arbeiten keine getrennten Krankheiten dar, sondern nur verschiedene
Stadien der gleichen Krankheit.
Epidemiologie : Etwa 3.-5%
aller Alk. Werden davon befallen, meist im 5.-6.Lebensjahrzehnt.
Klinik: Die Krankheit beginnt auf
neurologischem Gebiet häufig mit Augenmuskellähmungen, Bljcklähmungen,
Pupillenstörungen, Gang- und Standunsicherheit.
In 90% der Fälle sind auch polyneuritische
Zeichen festzustellen. Als Vorboten werden relativ häufig Magen-Darm-Störungen
und Fieber beobachtet
Das EEG ist meist verändert (abnorme
Abläufe mit Verlangsamung).
Psychische Störungen sind von Anfang
an sehr häufig. Sie beginnen mit leichten deliranten Symptomen, später
treten dazu Allgemeinveränderungen wie Apathie. und Teilnahmslosigkeit.
Bei Besserung des Zustandes wird als Durchgangssyndrom ein amnestisch-konfaibulatorischer
Zustand beobachtet.
Im ungünstigen Fall kommt es zu einem
persistierenden amnestischen Defekt mit und ohne Konfabulationen.
Die Korsakow-Psychose im eigentlichen
Sinn ist gekennzeichnet durch folgende Störungen, die voneinander
wahrscheinlich unabhängig sind :
1.) Verlust des Altgedächtnisses verbunden
mit der Unfähigkeit sich neue Gedächtnisinhalte einzuprägen
oder zu lernen.
2.) Verminderte Fähigkeit der Reproduktion
von Gedächtnisinhalten
3.) Relativ geringe aber doch eindeutige
Verschlechterung der Auffassungsfähigkeit.
4.) Verminderung der Spontaneität und
Initiative.
5.) Konfabulationen sind nicht regelmässig
auftretende Störungen und sind deswegen nicht notwendig für die
Diagnose.
6.) Störungen der Konzentrationsfähigkeit,
der visuellen und verbalen Abstraktion.
Die Prognose des Korsakow-Syndroms ist schlecht.
Nur etwa 12-20% kommen zu einer völligen
Restitution, 20% bleiben völlig ungebessert, der Rest weist Residualstörungen
auf
Das K.-Syndrom ist nicht spezifisch für
Alkoholmißbrauch. Es kann auch durch Traumen, Hypoxie (verminderte
Sauerstoffzufuhr), bestimmte Gifte und Infektionen auftreten.
Da der Begriff Gedächtnisstörung
zu unspezifisch erschien, haben sich Metzler, Voshage und Rösler für
die Bezeichnung Amnesie entschieden, wobei es genauer anterograde Amnesie
heißen müßte.
Weitere Synonyme wären Merk- und Lernfähigkeitsstörung
oder mnestische Defizite.
Es ist dabei notwendig, die sogenannte retrograde
Amnesie von der anterograden Amnesie abzugrenzen.
Mit retrograder Amnesie bezeichnet man die
Erinnerungsstörung die dadurch gekennzeichnet sind, daß Inhalte
aus der vergangenheit nicht mehr erkanntund wiedergegeben werden können.
Die Bezeichnung anterograde Amnesie bezieht
sich dagegen auf Störungen bei der Bildung und dem Abruf neuer Gedächtnisinhalte
(Lern- und Merkfähigkeitsstörungen).
Der vorliegende Test dient ausschließlich
der Diagnostik der klinisch wesentlich bedeutsameren anterograden Amnesie.
Anwendungsindikationen des BAT :
1. in der quantitativen Beurteilung leichter
bis schwerer mnestischer Defizite bei der klinisch- psychologischen Diagnostik
des hirnorganischen Psychosyndroms,
2. in der Veränderungsmessung im Rahmen
der Beurteilung von Therapie- und Remissionseffekten,
3. in der klinischen Prüfung von neuen
Therapien
4. bei der Forschung auf dem Gebiet des Alkoholismus,
der CVI ( cerebrovaskuläre Insuffizienz) der ALZHEIMER Demenz und
anderen Krankheiten, bei denen mnestische Störungen auftreten und
5. bei der Untersuchung von mnestischen Defiziten
im hohen Lebensalter.
Vorgehensweisen bei Untersuchungen zur
anterograden Amnesie :
Bei der psychologischen Leistungsdiagnostik
des hirnorganischen Psychosyndroms gilt die Gedächtnisstörung
neben der Konzentrationsstörung und der kognitiven Verlangsamung als
wesentliches Anzeichen einer hirnorganisch bedingten Leistungsminderung.
Die Gedächtnisstörung kann aber
auch, im Falle einer organischen Amnesie, als spezifische und relativ isolierte
Symptomatik ohne zusätzliche kognitive Defizite auftreten.
Das mit dem Begriff organische Amnesie gekennzeichnete
klinische Krankheitsbild war in den letzten 10-12 Jahren Gegenstand einer
Fülle experimenteller neuropsychologischer Untersuchungen, in denen
das Wesen mnestischer Störungen unterschiedlicher Ätiologie untersucht
wurde.
Die Experimente wurden vorwiegend an
Patienten mit folgenden Diagnosen durchgeführt:
1.) Korsakow-Syndrom
2.) Geschlossenes Schädel-Hirn-Trauma
3.) Bilaterale Elektrokrampf-Therapie (ECT)
4.) Transitorische globale Amnesie
5.) Encephalitis
6.) Demenz
7.) unilaterale bzw. bilaterale temporale
Lobektomie
8.) Cerebrale Hypoxie
9.) Aneurysma der arteria communicans anterior
WeIche der Vorgehensweisen man bei Amnesie-Untersuchungen
wählt, hängt von den Zielen ab, die man sich in der experimentellen
Forschung gesetzt hat.
1.) Demgegenüber lassen sich die Charakteristika
einer bestimmten Form der Amnesie besser ermitteln, wenn Amnestiker
gleicher Ätiologie untersucht werden.
2.) Eine Herangehensweise, die sich auf
die Symptomatologie stützt und amnestische Patienten unterschiedlicher
Ätiologie zuläßt, bietet bessere Möglichkeiten, Ahnlichkeiten
zwischen Amnesien unterschiedlicher Genese zu identifizieren und damfi
evtl. zu einer bestimmten Menge von Merkmalen zu gelangen, die vielen Formen
der Amnesie gemeinsam ist.
Allgemeine Merkmale der anterograden Amnesie
:
1.) Bei der Amnesie handelt es sich eher
um eine selektive als um eine globale Störung.
Gedächtnisleistungen nicht generell
und nicht im gleichen Maße betroffen sind, sondern neben den stark
gestörten Funktionen geringer gestörte und auch erhaltene Funktionen
Dies wird u. a. bei der weiteren Betrachtung
deutlich, wenn es um die Amnesie-Merkmale recall und recognition sowie
deren Verhältnis zueinander geht.
2.) Die Amnesie ist keine einheitliche Störung.
- Sie kann einerseits neben vorhandenen gemeinsamen
Merkmalen zusätzliche Charakteristika aufweisen.
- Oder andererseits können Amnestiker
sich bei unterschiedlicher ÄtioIogie in den Ausprägungsgraden
bestimmter MerkmaIe, unterscheiden.
In der Darstellung der Amnesie-Merkmale
knüpfen Metzler Voshage und Rösler an die Arbeiten von PIERCY
(1977) und HIRST (1982) an
1. Merkmal: Extrem gestörtes
free recall bei ltemmengen, deren Umfang die Kurzzeitgedächtnisspanne
wesentlich übersteigt.
Die recall-Leistung wird mit verbalem Material,
d. h. über die unmittelbare freie Reproduktion von Wortlisten geprüft.
Unabhängig von der Ätiologie ist
bei allen Amnestikern die recall-Leistung übereinstimmend signifikant
schlechter als die der jeweiligen Kontrollgruppen.
Amnestiker sind nicht zu recall-Leistungen
in der Lage, die über die unmittelbare Kurzzeitgedächtnisspanne
hinausgehen und an aktive Verarbeitungsprozesse gebunden sind.
2. Merkmal: Verstärkung des recall-Defizits
durch verzögerte Reproduktion (distractor- Technik)
Die distractor-Technik ist als experimentelle
Methode eingeführt worden, um die Vergessensrate zu untersuchen.
Wählt man Ablenkungsaufgaben mit einer
Dauer von einer Minute oder mehr, ist mit dieser Methode auch die
Möglichkeit gegeben, längerfristige Behaltensleistungen zu prüfen.
Der methodische Vorteil gegenüber einer
verzögerten Reproduktion ohne Ablenkungsaufgabe besteht darin, daß
das zu erinnernde Material nicht durch „inneres Wiederholen“ (rehearsal)
im Rahmen der Kurzzeitgedächtnisspanne behalten werden kann.
Geht man von der Annahme aus, daß
nur solche ltems behalten und nach Verzögerung reproduziert werden
können, die durch aktive Formen der lnformationsverarbeitung kodiert
wurden, so sind die extrem schlechten Reproduktionsleistungen von Amnestikern
Ausdruck jhrer Defizite in der (spontanen) Anwendung effektiver Kodierungsstrategien.
3. Merkmal: Im Vergleich zum free
recall geringer gestörtes recognition
Mit desem Merkmal wird zum Ausduck gebracht,
daß recall und recognition bei Amnesie in quantitativ unterschiedlicher
Weise gestört sind.
Das recall-Defizit ist wesentlich höher
als das recognition-Defizit.
Die recognition-Leistung ist bei Amnestikern
aber auch verringert.
4. Merkmal: Im Vergleich zum free
recall geringer gestörtes cued recall.
Die Verbesserung der Gedächtnisleistungen
beim recognition ist darauf zurückzuführen, daß durch die
Darbietung der Zielitems der selbständige aktive Abruf der ltems entfällt,
d.h., daß eine wesentliche Abrufhilfe gegeben wird. Recognition-Tests
sind daher als Tests mit spezieller Form der Erinnerungshilfe gekennzeichnet
worden .
Die Wirkung von Abrufhilfen (retrieval cues)
wird aber vorwiegend durch eine Variante des recall-Paradigmas-durch sog.cued-recall-Tests-untersucht.
Das wesentliche Ergebnis der meisten Untersuchungen
mit cued-recall-Tests besteht darin, daß sich Amnestiker zwar – wie
beim recognition – im Vergleich zum free recall verbessern, daß jedoch
ihre Gedächtnisdeifzite durch Abrufhilfen nicht vollständig aufgehoben
werden, d.h., daß signifikante Unterschiede zu normalen Kontrollpersonen
bestehen bleiben.
5. Merkmal: Erhöhte Proaktive
Interferenz
Dabei vvird dem Probanden eine kurze Sequenz
von ltems dargeboten (z. B drei verschiedene Substantive), und er wird
dann aufgefordert, diese ltems nach einem bestimmten Zeitintarvall zu reproduzieren.
Während dieser Verzögerung muß
der Proband eine Ablenkungsaufgabe (distractor) ausführen, die das
Innere Wiederholen der ltems verhindern solI: z. B. rückwärts
zählen, Farben benennen o. ä..
Dieser Ablauf wird vier- oder fünfmal
mit neuen Dreiergruppen von Substantivel1 wiederholt.
Die proaktive Interferenz ist für die
Verringerung der Gedächtnisleistungen bei diesem Aufgabentyp verantwortlich
ist.
ltems aus früher dargebotenen Dreiergruppen
interferieren zunehmend mit der jeweils zuletzt genannten Triade und führen
zu Vertauschungsfehlern bei der Reproduktion.
Es kann im Ergebnis dieser Untersuchungen
festgestellt werden, daß bei Amnestikern in bedeutend höherem
Maße als bei Normalen Proaktive Interferenz auftritt und daß
dies eine der Ursachen ihrer schlechten Gedächtnisleistungen darstellt.
6. Merkmal: Defizit in der spontanen
Anwendung effektiver Kodierungsstrategien
Neben Abrufstörungen werden auch Defizite
bei der Kodierung und insbesondere bzgl. Aktiver Formen der lnformationsverarbeitung
für die Gedächtnisprobleme von Amnestikern verantwortlicn gemacht.
Damit sind Defizite in der semantischen
Kodierung angezielt.
Gemeint ist die Fähigkeit inhaltliche
Beziehungen zwischen den ltems herzustellen oder einzelne ltems zu analysieren
und sie mit bestehendem Gedächtnisbesitz zu verknüpfen
7. Merkmal: Normale Kurzzeitgedächtnisspanne
Die Kurzzeitgedächtnisspanne ist bereits
durch umfangreiche Untersuchungen von MILLER (1956) ermittelt worden, in
denen festgestellt wurde daß das menschliche Gedächtnis bei
normaler Funktion in der Lage ist, eine Menge von 7 +/- 2 bekannten ltems
nach einmaliger Darbietung unmittelbar zu reproduzieren.
Die Tatsache, daß die Kurzzeitgedächtnisspanne
beim Amnestiker nicht gestört ist, wurde bereits von PIERCY (1977)
und HIRST (1982) als ein Merkmal der organisch bedingten Amnesie formuliert,
das sich auch in zahlreichen weiteren Untersuchungen bestätigt hat.
2. Testkonstruktion :
Gedächtnistests in der Leistungsdiagnostik
Die uns bekannten und in der klinischen
Diagnostik .zur Zeit. verwendeten Gedächtnistests wurden von Metzler,
Voshage und Roesler auf inhaltliche Validität bzgl. Der vorhin dargestellten
Amnesiemerkmale untersucht.
Überblick über die Amnesiemerkmale,
die mit dem jeweiligen Test prüfbar sind, und über die Art des
Materials, weIches im Test Verwendung findet.
*Die meisten Tests enthalten recall-Anforderungen,
*Die Minderung der recall-Leistungen duch
Verzögerung der Reproduktionsphase oder distractor ist nur bei einem
Teil der Verfahren prüfbar.
*Die Prüfung der recognition-Leistungen
erfolgt in 50% der betrachteten Verfahren.
*Inwieweit die spontane Anwendung von Kodierungsstrategien
einen Einfluß auf die Gedächtnisleislung hat, wird in keinem
Verfahren systematisch geprüft..
*Die Möglichkeit zur Erfassung der
Proaktiven Interferenz fehlt in den angegebenen Verfahren völlig.
*Die Kurzzeitgedächtnisspanne als eigenständiges
Merkmal ließe sich in den gekennzeichneten Verfahren prinzipiell
erfassen, sofern man das „Zahlennach- sprechen vorwärts‘ extra bewertete.
*Bei den verbalen Anforderungen überwiegt
strukturiertes Material (Sätze, Texte, nach semantischen Kategorien
geordnete Wortlisten, Wortpaare). Wie schon bereits erwähnt, ist ein
systematischer Vergleich zwischen den Typen verbalen Materials bei keinem
Test vorgesehen. Das gleiche gilt für die figuralen Anforderungen.
In vielen Fällen werden Abbildungen
von Gegenständen oder geometrischen Figuren verwendet, die für
die Prüfung von aktiven Kodierungsstrategien ungeeignet sind.
Das TÜLUC-Verfahren, das bezüglich
der Prüfbarkeit der Amnesiemerkmale am besten abschneidet, besitzt
in psychometrischer Hinsicht sehr große Mängel.
In diesem Test findet eine Vermischung von
Rating-und Leistungsskalen statt.
Zielstellung der Testentwicklung
Der Test sollte
1.). die Amnesiemerkmale abbilden und diese
hinreichend genau quantitative erfassen,
2.) leichte bis schwere mnestische Defizite
erfassen und zwischen verschiedenen Graden mnestischer Störungen gut
differenzieren
3.) sowohl den praktischen Erfordenissen
des Klinikbetriebes als auch den Bedingungen der Forschung im Rahmen klinischer
Studien genügen, d. h.
– eine Gesamttestzeit von 1 Stunde nicht
überschreiten,
– - bzgl. Der Durchführung und
der lnstruktionen auch für hirnorganisch beeinträchtigte Patienten
leicht verständlich sein und
- der Ermüdung durch abwechslungsreiche
Gestaltung entgegenwirken,
4.) Vertaufsbeurteilungen mnestischer Störungen
sowohl für den Einzelfall als auch für Stichprobenuntersuchungen
ermöglichen,
5.) . dem gegenwärtigen psychometrischen
Standard entsprechen (Standardisierung, Aussagen zur Faktorenstruktur,
Reliabilitäts- und Validitätsuntersuchungen)
Methodische Bedingungen nach denen der
BAT aufgestellt ist
1.) Die Art der Informationsaufnahme
Aus methodischen Gründen ist es sinnvoll,
die Art der lnformationsaufnahme zu vereinheitlichen und das einzuprägende
Material einheitlich visuell darzubieten, Lediglich der Untertest 5 ,die
Prüfung der Kurzzeitgedächtnisspanne, erfolgt wie allgemein üblich
audtitiv .
Eine Variation der Sinnesmodalität
als Einflußfaktor erschien nicht notwendig, da modalitätspezifische
Gedächtnisstörungen bei organischen Amnsien nicht bekannt sind.
2.) Lernbedingungen (inzidentelles oder
intentionales Lernen)
Diese Variation bezieht sich darauf, ob
der Proband über die nachfolgende Behaltensprüfung informiert
ist oder nicht.
Das hier vorgestellte Verfahren ist bezüglich
der Lernbedingungen in allen Untertests gleich, d. h. der Proband
wird daraufhingewiesen, daß es sich um eine Gedächtnisaufgabe
handelt und er sich möglichst viel von dem dargebotenen Material einprägen
und später wiedergeben soll (intentionales Lernen),
3.) Abruf- (retrieval-) Bedingungen
Wir unterscheiden drei Grundformen von retrieval
Bedingungen bei der Behaltensprüfung :
free recall,
cued recall und
recognition.
In der genannten Reihenfolge nimmt die Retrievalunterstützung
zu und erleichtert l die Erinnerung. Da der Retrievalprozeß ein zu
untersuchender Einflußfaktor ist, werden in dem neuen Verfahren (freel-recall-
und recognition-Leistungen systematisch variiert und bei der Testauswertung
zueinander ins Verhältnis gesetzt. Dadurch kann die Dominanz – der
recall-Defizite bei Amnestikern geprüft werden,
4.) Art des Materials
A) Figurales Material
Es erscheint deshalb sinnvoll, zwischen
drei Arten von figuralem Material zu unterscheiden:
Typ 1 : bezieht sich auf ltems,
die eine unmittelbare verbale Kodierung gestatten. Dazu gehören Abbildungen
konkreter Gegenstände oder geometrische Figuren, die eine sprachliche
Repräsentation besitzen z.B. BENTON-Test.
Aktive Kodierungsprozesse sind hier nicht
nötig weil die begriffliche Kodierung des Bildes ein Automatismus
ist.
Die lnstruktion der Verbalisierung bringt
bei solchen Bildern keinen Vorteil für die Gedächtnisleistung.
Typ 2 : bezeichnet ltems, bei denen
keine direkte verbale Kodierung möglich ist,. Figurale ltems dieserArt
werden z.B im DCS verwendet. Die Instruktion zur Verbalisierung bringt
bei solchem Material eine deutliche Steigerung der Gedächtnisleistung.
Typ 3 : bezieht sich auf ltems, bei
denen eine begriffliche Kodierung weitgehend ausgeschlossen ist.
Die Trennung der Materialtypen scheint uns
dringend geboten, bei der Konstruktion des Tests beschränkt sich die
Auswahl figuralen Materials auf Typ 2 und 3.
Auf Materialtyp 1 kann verzichtet werden,
da hiermit weder Rückschlüsse auf figurale Gedächtnisleistungen
im eigentlichen Sinne noch Schlußfolgerungen über aktive Kodierungsstrategien
möglich sind.
B) Verbales Material
Verbales Material wird im Test in Form von
unstrukturierten und semantisch strukturierten Wortlisten verwendet.
Die unstrukturierte Wortliste erfordert
eine aktive Bearbeitung des einzuprägenden Materials, da die ltemmenge
wesentlich über der Kurzzeitgedächtnisspanne liegt.
Die strukturierte Wortliste ist nach einer
semnantischen Kategorie (Oberbegriffrelation) geordnet.
Die semantische Struktur innerhalb dieser
Wortliste hat die Funktion einer Kodierungshilfe und dient der Überprüfung
des Defizits in der aktiven Nutzung semantischer Relationen.
5.) Materialumfang
Mit Ausnahme der Prüfung der Kurzzeitgedächtnisspanne
selbst ist die ltemmenge bei allen Untertests so gewählt, daß
sie deutlich oberhalb der Kurzzeitgedächtnisspanne liegt
6.) Zeitlicher Abstand zwischen Lern und
Testphase
Je nach Größe des zeitlichen
Abstandes zwischen Lern- und Testphase spricht man von unmittelbarer oder
verzögerter Reproduktion.
Die verzögerte Reproduktion dient der
Prüfung der längerfristigen Behaltensleistung.
Die Ersteller des BAT gehen von der Hypothese
aus, daß nur solche ltems längerfristig behalten und nach Verzögerung
reproduziert werden können, die durch aktive Formen der Informationsverarbeitung
kodiert wurden.
Diese Prozesse sind jedoch bei Amnestiken
gestört.
Um bei der Testdurchführung die Verzögerungszeit
gering zu halten und um zu verhindern, daß das Material durch „inneres
Wiederholen“ (rehearsal) im Rahmen der Kurzzeitgedächtnisspanne gehalten
wird, kommt die distractor-Technik im Test zur Anwendung.
copyright Simone Sassenrath
Zurück
|